Was kommt mit der EU-Datenschutz-Verordnung auf uns zu?

Written by on 22. März 2018

„Mega-Aufwand“, „Wie ist man rechtlich sicher unterwegs?“: Solche Bedenken und Fragen machen aktuell die Runde, wenn es um die EU-Datenschutz-Grundverordnung geht. Tatsächlich: Die Welt der neuen Regelungen ist eine eigene Wissenschaft. Was sind die Fakten? Der Wiener Top-Anwalt und Experte Nino Tlapak beantwortet in dieser Spezialausgabe die wichtigsten und brisantesten Fragen.

Als NutzerInnen von Online-Shopping-Diensten oder sozialen Netzwerken sind wir heute vielfach im Internet unterwegs. Für uns als private User bringt die neue EU-Verordnung zum einen mehr Transparenz (Einblick), so Nino Tlapak im Talk mit Moderator Paul Buchacher. Die Unternehmen müssen umfassend über die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die sie einheben, informieren, etwa, welchen Zweck dieses Sammeln von Daten hat und wie es mit den Fristen der Speicherung aussieht. Allerdings könnten die Zeiten, in denen etwa Maildienste (Anlegen privater Accounts, Beziehen persönlicher Mails) kostenlos genutzt werden konnten, dem Ende zugehen. „Der Nutzer“ werde wohl künftig die Wahl „erhalten“, „entweder eine Einwilligung zur Datennutzung zu Werbezwecken zu erteilen oder ein (zusätzliches) Entgelt für den Dienst zu leisten“, erklärt Tlapak. Sprich: Wer weiter gratis seinen Mail-Account über einen Anbietenden betreiben will, müsste quasi in den „sauren Apfel“ beißen, zuzustimmen, dass seine Daten für gezielte Werbeschaltungen auf der Mail-Server-Seite genutzt werden – oder er/sie muss für den „Mail-Account“-Service bezahlen.

Weitere Themen im Talk: Das Ausmaß des Aufwandes der neuen Regeln, gerade für kleinere Unternehmen, und die Strafen, wenn Firmen gegen die Verordnung verstoßen – bei „schweren Verstößen“ können das bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des weltweiten Jahres-Umsatzes eines Konzerns sein. Aufgrund der Unruhe von Unternehmen, was diese Neuerungen betrifft, haben ÖVP und FPÖ überraschend eine beträchtliche Entschärfung beschlossen, die Plattform Heise.de berichtete zuerst darüber. Behörden sollen straffrei bleiben und auch Verstöße anderer nur in Härtefällen geahndet werden. DatenschützerInnen zeigen sich empört und befürchten eine „Verwässerung“ der Regelungen.

Zudem sprechen wir über das Vorhaben von „Google Street View“, im Sommer 2018 die Straßen Wiens für das Web aufzunehmen. Ist Google verpflichtet, eine/n Datenschutz-Beauftragte/n aufzustellen, der / die darauf achtet, dass Personen, die zufällig bei Erstellung der Bildaufnahmen auf den Straßen mit-aufgenommen werden, unkenntlich gemacht werden? Spannende Antwort in der Sendung. (Anm.: Die EU-Kommission hat indes eine Rekordstrafe von 4, 34 Mrd. Euro gegen den Google-Konzern wegen unerlaubter Geschäftspraktiken beim Android-Betriebssystem verhängt. Google kündigte Berufung gegen die Entscheidung an.)

Außerdem fragen wir den Anwalt nach seiner Einschätzung, was eine etwaige Sammelklage des Facebook-Kritikers Max Schrems gegen den Konzern betrifft. Andere ExpertInnen sehen so eine Möglichkeit – wie beurteilt Tlapak diese Sache?

Stichwort „Facebook“, das im Zwielicht steht: Die britische Marketing-Firma „Cambridge Analytica“ soll Daten von bis zu 87 Millionen Facebook-Usern für den Wahlkampf von US-Präsident Trump abgesaugt und damit den Wahlausgang beeinflusst haben; in Österreich sollen rund 30.000 Personen betroffen sein. Die Firma bestreitet, die Daten für den Wahlkampf verwendet zu haben. Der Chef der britischen Marketingfirma wurde indes suspendiert. – Cambridge Analytica ist von der Insolvenz betroffen. Die Gründe sind KundInnen-Verluste und hohe Prozesskosten. – Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat „Fehler“ eingeräumt und sich entschuldigt.

Künftig werden alle Accounts gelöscht, die „von manipulierenden Organisationen“ kontrolliert werden, so Mark Zuckerberg. „Hunderte“ mit einer „russischen Troll-Fabrik“ verbundene Accounts seien stillgelegt worden. (Anm.: Diese „Trollfabrik“ steht nach Erkenntnissen der US-Justiz hinter der Kampagne zur Beeinflussung der amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2016.) Facebook werde sich zudem dem neuen EU-Datenschutzrecht „fügen“, erklärte Zuckerberg. Allerdings gilt das nur für rund 370 Mio. User in Europa – nur sie fallen unter die Vorgaben, nicht aber rund 1,5 Mrd. Mitglieder in Afrika, Asien, Australien und Lateinamerika. – Es könne, heißt es von Facebook weiter, nicht mehr nach NutzerInnen-Profilen über Telefonnummer und E-Mail-Adresse gesucht werden. Facebook wird Eltern von Usern unter 16 Jahren mit-entscheiden lassen,  ob Teenies im Netzwerk Infos wie Religionszugehörigkeit und politische Meinungen preisgeben sollen und ob die Jugendlichen personalisierte Werbung angezeigt bekommen. -Zudem würden Schnittstellen zu anderen Apps, über die bisher Daten abgesaugt werden konnten, gekappt. – Die Sache bleibt freilich brisant … ExpertInnen raten im Sinne des Datenschutzes dazu, Apps, die mit Facebook verknüpft und nicht mehr in Verwendung sind, zu löschen. Dies funktioniert über folgenden „Pfad“ (Anleitung): Einstellungen – Apps – dann gewünschte App anklicken – Einstellungen bearbeiten – App entfernen.

Wirklich wirtschaftlich schaden dürfte Facebook der Skandal offenbar nicht: Dank hoher Werbeeinnahmen schraubte der Konzern Gewinn und Umsatz in die Höhe. Der Überschuss kletterte um 63 Prozent auf 4,99 Milliarden Dollar (4,09 Mrd. Euro), wie das soziale Netzwerk mitteilte.

„#OMG, ich habe meine Bar verloren“: Was tun, wenn man beim geplanten Wochenend-Vergnügen in Form einer Lokal-Tour in Wien nicht sicher ist, wo die Bar, die man besuchen will, wirklich zu finden ist und wie sie genau heißt? „Google Street View“ als ganzheitliche Such-Hilfe kommt ja erst … Redakteur Michel Mehle macht den großen Check mit dem Team von https://goodnight.at/, dem digitalen Stadtmagazin für Wien, das Lokal- und Eventtipps bietet. Die Challenge für das Team, das bei dem Spiel in zwei Gruppen antritt, lautet: Helft Studierenden weiter, die ihre Lieblingsbar wiederfinden wollen – per Sprachnachrichten gibt es Hinweise, um welche Bar es sich jeweils handeln könnte. Wie schlagen sich die KandidatInnen bei der Challenge? Sie hören es in der Sendung!

Update: Medienberichten im Mai (2018) zufolge sind vom „Facebook-Datenskandal“ möglicherweise keine europäischen User betroffen.

Der Podcast zur Sendung:

 

 

Credit: Pixabay

 


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