Festplattenabgabe weiter großes Thema

Written by on 10. Dezember 2014

Festplattenabgabe, Kulturflatrate oder Downloadgebühr? Die Diskussion unter Verwertungsgesellschaften und der Elektronikindustrie läuft auf Hochtouren. Die Frage: Welches Modell wird zur Vergütung der im Internet publizierten Werke von Musikern, Autoren oder Wissenschaftlern herangezogen? Ein neues Urteil besagt indes: Die Festplattenabgabe wäre in Österreich zulässig. Wir haben uns umgehört.

Der kolumbianische Musiker Juan Carlos Vasquez macht Musik, die eigentlich nicht seine eigene ist. Er benutzt Werke bekannter Komponisten, verändert sie, mischt sie neu zusammen und bringt sie als eigenes Werk wieder auf den Markt. „Ich denke, das Konzept der Originalität wird oft falsch verstanden“, sagt Vasquez. „Was ein Komponist eigentlich tut, ist Töne zu organisieren. Das können musikalische Töne sein, Töne aus der Natur oder bereits bestehende Musik. Er verbindet sie zu etwas Neuem. Daraus entsteht ein komplett neues Stück Kunst.“

Am 5. Dezember hat er eine seiner „Collagen“ bei den Klangmanifesten in Wien vorgestellt. Niemand hier hätte ihn als Dieb bezeichnet. Zum einen, weil Vasquez diese Werke nutzen darf, zum anderen, weil sich das Verständnis vom Urheber ändert. In einer Zeit, in der alles mit einem Klick abgerufen, kopiert und veröffentlicht werden kann, ist die Idee vom „Originalgenie“ nur schwer haltbar. Alles ist ein Remix und baut irgendwie auf schon Dagewesenem auf.

Geld kann man für seine Kunst aber trotzdem bekommen. Nur die Wege ändern sich, sagt der Schriftsteller Gerhard Ruiss. Seine Initiative “Kunst hat Recht” setzt sich für ein neues Urheberrecht ein: „Wir müssen bestimmte Vertriebsformen und Bezugsformen neu denken“, sagt er. „Besonders das Auftreten multinationaler Konzerne, wie Amazon oder Google, verändern das national gedachte Urheberrecht fundamental.“

Seine Lösung ist eine Festplattenabgabe. Auf jedes Speichermedium, also Computer, Handys oder Festplatten soll eine Gebühr erhoben werden. Dadurch würden Privatkopien gedeckt, ähnlich wie bei der Leerkasettenvergütung. Die heimische Elektronikindustrie protestiert: Computer wären nicht nur zum Kopieren von Musik und eBooks da, sagen Hersteller und Händler. Sie fürchten, dass Kunden woanders kaufen, wenn Festplatten in Österreich teurer werden. Zum Beispiel bei Amazon. Der Europäische Gerichtshof hat mittlerweile klargestellt: Die Festplattenabgabe ist zulässig. In Deutschland wurde sie übrigens schon längst eingeführt.

Derweil suchen die unterschiedlichsten Fraktionen nach einer Alternative zur Festplattenabgabe. Systeme wie Kulturflatrate, „Netzschilling“ oder Downloadgebühr werden ins Gespräch gebracht. Viele heimische Künstler nehmen bei all dem Chaos die Vergütung lieber selbst in die Hand. Die Wiener Band Glowing Eyes hat ihr erstes Album über Crowdfunding finanziert: „Wir haben einfach in kürzester Zeit so viel Geld wie möglich gebraucht“, sagt Frontmann Aron Tompa. „Dann bin ich über startnext.de gestoßen. Ich hab mir  angeschaut, wie andere das umgesetzt haben und hab mir gedacht, ich probier das einfach mal.“

Der Versuch war ein Erfolg. Nach einem Monat hatte die Band genug Geld von Fans und Freunden zusammenbekommen, um ihr neues Album pressen zu lassen. Die Glowing Eyes haben keinen Manager, der sie brieft, keine Plattenfirma, die ihnen Aufträge zuschustert. Am Ende bleibt da mehr für einen selber. Aber auch mehr Arbeit, sagt Aron: „Es ist einerseits besser geworden. Man hat viele Möglichkeiten, sich selber zu vermarkten und sich selber zu finanzieren. Nur gleichzeitig ist auch der Druck viel größer, weil: Wenn man das alles selber macht, hat man im Endeffekt keine Zeit mehr, selber Musik oder selber Kunst zu machen.“

Die Crowd finanziert auch nicht jeden, sagt Musiker Juan Vasquez. Die meiste Kunst würde eine Nische besetzen, die zwar wichtig ist, aber nicht massentauglich. Und: bei Kunst stellt sich nicht nur die Frage nach Geld, sondern auch nach Identität. Würde er mit Kunst wirklich verdienen wollen, sagt Vasquez, müsste er etwas machen, das einer breiten Masse gefällt.

Ganz ohne Geld geht es dann aber doch nicht. Deswegen sei die Sicht der Gesellschaft auf den Wert der Kunst – besonders wenn sie Nischenkunst ist – so wichtig: „Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Regierungen und Institutionen diese Art von Kunst verstehen. Die Konzepte von Originalität, von Förderungen müssen auf einer höheren Ebene diskutiert werden, damit wir verstehen, wie Kunst bezahlt werden soll. Was gehört nur dem Künstler und was ist anderen zuzuschreiben? Ich denke, diese Diskussion ist sehr wichtig und muss gemacht werden.“

 

Foto: © Margit Krammer, VBK Wien

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